Layout für Schweißbereich & Umbau

Im Schweißbereich eines Unternehmens bestand eine Kombination aus Prozess- und Handhabungsproblemen, die in Konsequenz die Abläufe verlangsamten und zu Lieferzeitverzögerungen führten. Das Schweißen ist dabei nicht ein in sich abgeschlossener Prozess, sondern beinhaltet diverse Zwischenarbeitsgänge an verschiedenen Stellen in der Produktion. Die Halbfertigprodukte bewegen sich mehrmals durch den Schweißraum, werden dort mehrfach bearbeitet und müssen an verschiedenen Stellen abgeholt und wieder abgegeben werden.

Der gesamte Bereich bestand aus einem geschlossenen, vom Rest der Fertigung isolierten Raum. Dieser war von außen nicht direkt einsehbar und nicht platzeffizient gestaltet. Die Teamleiter, die den gesamten Fertigungsprozess verantworten, hatten somit weder Überblick noch Kontrolle über die Vorgänge innerhalb des Bereichs und konnten die Abläufe nicht passend zu den vor- und nachgelagerten Arbeitsgängen steuern.

Jeder der Arbeitsplätze innerhalb des Raums war auf einen bestimmten Produkttyp spezialisiert. Dieser konnte den jeweiligen Typ zwar dadurch sehr effizient fertigen, das flexible Umstellen auf andere Typen war jedoch mit großem Aufwand verbunden. Bei der Umstellung musste der Mitarbeiter zum Teil weite Wege machen, um das erforderliche Werkzeug an den Arbeitsplatz zu holen. Bei einem kurzfristigen Wechsel von Personal war stets eine Umrüstzeit erforderlich, da die Arbeitsplätze fix auf die jeweiligen Mitarbeiter eingerichtet waren. Vorrichtungen, wie zum Beispiel Drehteller, Halterungen oder Armauflagen, mussten umständlich ausgetauscht oder umgerüstet werden.

Zwischenlager alt
Platz vor dem Schweißraum für vorkommissionierte Wägen (Bild wurde absichtlich unkenntlich gemacht - Datenschutz)

Die zu große Flexibilität führte zu einem wesentlichen Folgeproblem. Die Bevorratung im Voraus blockierte grundsätzliche eine große Grundfläche für WIP. Wenn es zu Verzögerungen und Maschinenausfällen in nachgelagerten Arbeitsgängen kam, fand keinerlei Abfluss statt. Dadurch war der Lagerplatz wiederum für Produkte blockiert, die stattdessen weiterbearbeitet werden könnten. Häufig mussten kurzfristig zusätzliche Lagerflächen geschaffen werden, die die Abläufe in anderen Fertigungsbereichen störten. Die vermeintliche Flexibilität führte daher in Wirklichkeit zu Verstopfungen der Produktion, vermeidbaren innerbetrieblichen Transporten und schlimmstenfalls zu einem Dominoeffekt von Verzögerungen.

Ausschnitt Layoutplan_1
Altes Layout Schweißbereich mit festen Trockenbauwänden und viel Platz für vorkommissionierte Wägen (Bild wurde absichtlich unkenntlich gemacht - Datenschutz)

Das wesentliche Problem lag jedoch in der nicht zielgerichteten Bearbeitung von Fertigungsaufträgen. An jedem Arbeitstag wurden sämtliche Aufträge und deren Vormaterial für zwei Tage im Voraus zeitgleich ohne festgelegte Reihenfolge kommissioniert. Jeder Mitarbeiter hatte daher eine freie Auswahl, welche Aufträge er bearbeitet und zwischenlagert. Dadurch erhöhte sich die Anzahl der Halbfertigprodukte („Work in Process“ / WIP). Zudem wurden technisch einfachere Aufträge bevorzugt bearbeitet und komplexere Modelle vernachlässigt. Dies wiederum generierte einen doppelt negativen Effekt: Die ohnehin langen Durchlaufzeiten verlängerten sich und zusätzlich kam es häufiger zu Lieferterminverzögerungen.

Schweißbereich alt
Inneneinrichtung alter Schweißraum (Bild schon alt und nur in schlechter Auflösung vorhanden)

Ihre Aufgabe - unsere Lösung

Um sowohl die Problematik der Prozesse als auch mögliche Folgeeffekte zu verstehen, haben wir zunächst den gesamten Ablauf mit allen möglichen Varianten in einer Wertstromanalyse dargestellt. Eine vollständige Aufnahme (sog. „Value Stream Map“) ist ein zeitintensiver Prozess, der die Mitarbeit aller prozessbeteiligten Mitarbeiter voraussetzt. Das umschließt nicht nur diejenigen Mitarbeiter im Schweißbereich, sondern auch der vor- und nachgelagerten Arbeitsgänge und Informationsflüsse (unter anderem Produktionsplanung, Lager, Kommissionierung, Fertigung, Qualitätsprüfung, Versand). Er ist die Voraussetzung dafür, sämtliche Einflüsse zu verstehen, mögliche Folgen zu erkennen und auf Basis dessen einen optimierten Soll-Ablauf zu entwerfen.

Beispiel Value Stream Map
Wertstromanalyse aller Arbeitsinhalte, Materialflüsse, Informationsflüsse,...

Der ideale Soll-Ablauf muss anschließend mit den Gegebenheiten vor Ort abgeglichen und angepasst werden. Dazu zählen vor allem die unveränderlichen tragenden Bauelemente des Gebäudes, die zur Verfügung stehende Grundfläche und die maximalen Deckenhöhen. Gleichzeitig ist es jedoch wichtig, eine „Limitierung der Gedanken“ zu vermeiden. Viele Veränderungen werden nicht in Betracht gezogen, weil ihre Umsetzung vermeintlich zu umständlich und zeitintensiv ist – uns ist es jedoch grundsätzlich sehr wichtig, die bestmöglichen Lösungen zu finden und dafür auch gravierende Änderungen zu beleuchten.

Ausschnitt Layoutplan_2
Neues Layout mit optimierten Materialflüssen - Schweißraum wurde durch 7 Schweißkabinen, FiFo-Linien und Kanban Wagensystem

Um eine Vergleichs- und damit Entscheidungsgrundlage zu haben, erarbeiteten wir zwei mögliche Layoutideen. Die beiden Szenarien verglichen einen umfassenden, zum Teil strukturellen Umbau mit einer eher kleinen Umstrukturierung. Diese wurden mit den jeweiligen Vor- und Nachteilen sowie dem benötigten Kapital- und Zeiteinsatz bewertet. Zudem wurden nachgelagerte Faktoren wie Umbauzeitraum, Produktionsausfälle und Fehlerrisiko betrachtet. Gemeinsam mit den leitenden Verantwortlichen des Unternehmens fiel die Entscheidung für einen umfassenden Umbau, der nicht nur die genannten Probleme löst und den Materialfluss optimiert, sondern auch eine wesentliche Kapazitätserweiterung, gesteigerte Flexibilität und erhöhte Übersichtlichkeit bietet.

 

Der gesamte Umbau- und Restrukturierungsplan beinhaltete:

  • Ersetzen des großen Schweißraums durch sieben individuelle Schweißkabinen (finden Sie hier mehr Informationen dazu). Das wiederum bedeutete, mehrere Trockenbauwände zu entfernen
  • Anpassung der gesamten Infrastruktur, vor allem zentrale Schweiß- und Prüfgasversorgung (Helistar und Helium) für jeden Arbeitsplatz, individuell regelbare Abluftanlage und Klimatisierung für jede Schweißkabine, Installation von Strom- und Netzwerkkabeln
  • Entwerfen und Implementieren vollständig neuer Prozessabläufe auf Basis von Lean-Konzepten
  • Schulung aller beteiligten Mitarbeiter (sowohl für den Umbau als auch für die neuen Fertigungsprozesse)
  • Kontrolle, Überwachung und Nachbetreuung des neuen Konzeptes im Anschluss an die Implementierung (DMAIC-Konzept)
Schweißbereich alt im Umbau
Alte Ausstattung Schweißraum vor und nach dem Ausräumen
Abriss vor Umbau Collage
Alter Schweißraum kurz vor und nach dem Abriss
Ausschnitt Layoutplan_2
Neues Layout mit optimierten Materialflüssen - Schweißraum wurde durch 7 Schweißkabinen, FiFo-Linien und Kanban Wagensystem
FiFo-Lane Nahansicht
FiFo-Linie als Wagen Kanban für anschließende Montagestation

Eine wesentliche Prozessveränderung für die geordnete Bearbeitung sowie einen optimalen Materialfluss besteht in der Implementierung von sogenannten FiFo-Lanes („First In, First Out“). Die einzelnen Lanes sind an verschiedenen Orten platziert und regulieren den Zu- und Abfluss zu den jeweiligen Zwischenarbeitsgängen. Der Arbeitsablauf rund um diese ist klar definiert. Sie geben vor, aus welcher Linie der nächste Wagen mit dem Halbfertigprodukt zur Bearbeitung abgeholt werden muss. Die Mitarbeiter erkennen dies durch die Anzahl der Wägen innerhalb der Lanes. 

Zum einen dürfen nur die Geräte bearbeitet werden, für die ein freier Platz innerhalb der Abfluss-Lane in den nächsten Arbeitsgang verfügbar ist. Die Reihenfolge definiert sich aus der Anzahl der Wägen in den Zufluss-Lanes: Die am meisten gefüllte Lane muss bedient werden, unabhängig von der Komplexität des zu bearbeitenden Gerätetyps. Das bedeutet nicht immer den kürzesten Weg für den einzelnen Mitarbeiter, sorgt allerdings für einen optimierten, gleichmäßigen Durchfluss aller Produktvarianten durch die gesamte Fertigung.

Außenansicht einer Schweißkabine
4 Schweißkabinen in Reihe - gegenüber weitere 3
FiFo-Lane Zwischenarbeitsgang
FiFo-Linie mit integrierter Kühlstrecke um Geräte nach dem Schweißen schneller weiter bearbeiten zu können

Durch die Prozess- und Layoutanpassung wurden sämtliche Prozess- und Flexibilitätsprobleme der Ausgangssituation nachhaltig gelöst. Dies in Kombination mit der wesentlich ergonomischeren Gestaltung der Arbeits- und Lagerplätze sorgte zusätzlich für eine Durchlaufzeitverkürzung von durchschnittlich 8%. Sämtliche Arbeitsstationen und Prozessschritte wurden außerdem so angepasst, dass die zum Teil sehr schweren Produkte nicht von den Wägen gehoben werden müssen. Dies sorgt für eine erhebliche Arbeitserleichterung, schont die Gesundheit der Mitarbeiter und vermeidet das Risiko von Arbeitsunfällen.

Im Rahmen des Umbaus haben wir zusätzlich Teile der elektrischen Infrastruktur im Fertigungsbereich erneuert. Die gesamte Beleuchtung in diesem Gebäudeteil, der mit ca. 800m² weitaus mehr als nur den Schweißbereich umfasst, wurde auf moderne und energieeffiziente LED-Technik umgerüstet, die den heute gültigen Standards der Arbeitsstättenrichtlinien entsprechen. Ebenso wurde der Hauptstromverteiler vollständig ausgetauscht.

Umbauarbeiten Verteilerkasten
Neues Layout mit optimierten Materialflüssen - Schweißraum wurde durch 7 Schweißkabinen, FiFo-Linien und Kanban Wagensystem

Der gesamte Umbau wurde in nur 6 Tagen von einem Team von insgesamt 60 beteiligten Personen durchgeführt. Das Team bestand aus Spezialisten für:

  • Trockenbau
  • Hochdruckleitungen für Edelgase
  • Lüftung und Klima
  • Elektrik
  • Maschinenbau
  • Und vielen fleißigen Helfern

Das Team von EPIC & I war dabei die zentrale Schnittstelle für sämtliche Planungen, die Materialbeschaffung sowie den Bau der Schweißkabinen und FiFo-Lanes. Sämtliche externen Gewerke, die für den Gesamtumbau notwendig waren, wurden von uns zentral beauftragt und gesteuert. Die Koordination eines solchen Umbaus dreht sich dabei nicht nur um die Arbeitsleistungen selbst, sondern auch um die gesamte Logistik rund um den Umbau. Das umfasst vor allem die Werkzeuge und Hilfsmittel wie Leitern und Hebebühnen, die Entsorgung von Sondermüll und Bauschutt, Catering für das beteiligte Personal und vieles mehr.

Unser Konzept lautet, selbst für den komplexesten Umbau der Generalunternehmer für den Kunden zu sein. Alle Leistungen liegen in einer Hand – Sie als Kunde stellen das Problem und die Örtlichkeiten, EPIC & I kümmert sich um den Rest!

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