Ihre Aufgabe - unsere Lösung

Trennschleifen von Kapillarrohren

Das Schneiden von Kapillarrohren ist ein Vorgang aus der Her­stellung von Differenz­druck­messgeräten. Diese Rohre werden mit einer Membran ver­schweißt und an­schließend unter Fein­vakuum anwendungs­spezifisch mit verschiedenen Medien befüllt. Um Beschädigungen an den feinen Membranen zu verhindern, dürfen beim Abläng­prozess keine scharfen Späne im Rohr zurück­bleiben. Die Membran ist nicht nur wichtig für die Funktionalität des Mess­geräts, sondern schirmen auch das Messmedium ab, das aus Gründen der Rein­heit auf keinen Fall austreten darf.

Zu jedem Ka­pillar­rohr, das drei verschiedene Innendurchmesser auf­weisen kann (0,7mm; 1,1mm; 1,9mm), gehört ein Schutzschlauch, der in drei verschiedenen Ausführungen auf­treten kann. Im bisherigen Prozess wurden alle Rohre und Schläuche mithilfe einer Flex-Station getrennt. Dies Ver­fahren führte zu Spanbildung und zu einem Zu­schmieren der Kapillar­bohrung. Dieser Schnitt musste also nach­ge­schliffen werden, was zu weiterem Materialabrieb und Rück­stands­bildung von Schleif­korund führte. Zudem mussten die Öffnungen nachgebohrt werden, um den feinen Rohr­durch­messer zu erhalten.
Schnittbild nach dem Ablängen mit einer Flexstation

Als erster Problemlösungsansatz wurde ein externer Experte beauftragt, ein passendes Ablängverfahren zu entwerfen. Hierbei entstand der Ansatz, statt des Trennschneidens auf die Methode des Trennschleifens umzustellen. Dieses Verfahren generiert den entscheidenden Unterschied, statt Spänen nur Staub beim Trennen zu bilden. Dieser Staub muss zwar auch aus den Rohren entfernt werden, stellt jedoch bei kleineren Rückständen keinerlei Beschädigungsgefahr für die Membran dar. Auch das Problem des Zuschmierens der Kapillarbohrung kann eliminiert werden, indem sowohl die Schnittgeschwindigkeit als auch die Drehzahl der Schneidscheibe exakt aufeinander abgestimmt werden. Der gesamte Vorgang benötigt pro Schnitt nur wenige Sekunden.

Diese Sondermaschine war die Lösung für ein Teilproblem, jedoch noch in keiner Weise auf die speziellen Prozesse in der Fertigung vor Ort abgestimmt. Das wiederum zog eine Reihe von ungewünschten Nebeneffekten nach sich.

  1. Die Trennschleifscheiben stellen eine völlig andere Technologie dar. Sie sind äußerst porös, brechen sehr leicht und laufen instabil bei nicht richtig angepasster Drehzahl und Scheibenführung
  2. Der Trennschleifvorgang blieb vollständig manuell geführt. Bei Handhabung durch einen unerfahrenen Mitarbeiter brachen die Scheiben, was einen Umrüstvorgang nach sich zog
  3. Die Klemmbacken waren nicht universell einsetzbar, sondern genau auf die jeweiligen Maße der Rohre wie auch Schläuche angepasst. Bei jedem Durchmesserwechsel sowie Wechsel von Rohr auf Schlauch musste die Maschine umgerüstet werden
  4. Die Umrüstzeit betrug ca. 3-5 Minuten, was bei etwa 80 bis 100 Kapillareinheiten (Rohr + Schlauch) pro Tag einen erheblichen Produktivitätsverlust bedeutete, insbesondere im Verhältnis zur reinen Prozesszeit von wenigen Sekunden pro Schnitt. Zudem wurden die Klemmbacken und zugehörigen Schrauben in relativ kurzer Zeit vollständig verschlissen
Schnittbild Kapillarrohre Vergleich
Schnittbildvergleich: Trennschneiden links - Trennschleifen rechts

Ihre Aufgabe - unsere Lösung

Unsere Aufgabe war es, die exzellenten Ergebnisse der Umstellung auf das Trennschleifverfahren in Zusammenarbeit mit einem unserer Kooperationspartner weiter zu verfeinern. Dafür musste die gesamte Maschine so weiterentwickelt werden, dass sie die kurze Bearbeitungszeit beibehält, jedoch durch Vermeidung von Rüstzeiten insgesamt deutlich kürzere Durchlaufzeiten generiert. Die Lösung lag in zwei wesentlichen Modifikationen der bestehenden Sondermaschine. 

Zunächst haben wir den Trennschleifprozess an sich automatisiert. Statt der manuellen Bedienung durch einen Mitarbeiter wird die Trennschleifscheibe mit der exakt richtigen Vorschubgeschwindigkeit heruntergefahren, was ein Brechen der Trennscheibe nahezu eliminiert. Der Vorgang funktioniert nun unabhängig vom Wissen und Erfahrung der bedienenden Mitarbeiter. Er kann daher sogar von ungelerntem Hilfspersonal ausgeführt werden.

Kapillarschneidemaschine_2
Übersicht Trennschleifmaschine mit 2-Hand-Safety Bedienung
Kapillarschneidemaschine_1
Neue Trennschleifmaschine mit automatischem Vorschub

Die zweite Änderung betraf die Klemmeinheit der Kapillarrohre und Schläuche. Statt individueller Klemmblöcke pro Durchmesser haben wir auf eine Prismenführung in einem Auflageblock umgestellt. Ein Klemmhebel drückt die Rohre und Schläuche mit einer voreingestellten Kraft nach unten in das eingearbeitet Prisma. Jeglicher Rohr- und Schlauchdurchmesser wird dadurch unabhängig von seiner Größe fest arretiert und gegen seitliche Bewegung gesichert. Die Umrüstzeit für verschiedene Klemmblöcke entfällt dadurch zu 100%.

Die Kapillarrohr und Schläuche sind in ihrer Rohform auf Rollen mit bis zu 300m/Rolle gelagert. An der Zuführung zur Trennschleifmaschine befindet sich eine Abrolleinheit, in der die gesamte Rolle aufgenommen werden kann. Auf dem Weg zur Trennstelle befindet sich eine Längenmesseinheit mit digitaler Anzeige. Ein einzelner Mitarbeiter kann so Kapillareinheiten mit jeglicher geforderten Länge ohne fremde Hilfe eigenständig herstellen.

Durch die Eliminierung jeglicher Rüstzeiten in Verbindung mit der extrem kurzen Bearbeitungszeit ermöglichten wir die Herstellung von mehr als 200 Kapillareinheiten pro Produktionsschichtzeit von 8 Stunden.

Gleichzeitig erfüllt die neue Trennschleifanlage die höchsten Sicherheitsstandards. Der Schneidvorgang wird durch eine sogenannte Zweihandbedienung gestartet. Der Mitarbeiter muss zwei Taster gleichzeitig mit beiden Händen aktivieren und bis zum vollständigen Schließen der Schutzhaube gedrückt halten. Unser Sicherheitsmodul erfordert es, dass die beiden Taster innerhalb von einer Karenzzeit von 0,3 Sekunden aktiviert werden, ein manipulatives Feststellen wird dadurch ausgeschlossen. Erst dann startet der Schneidprozess und wird automatisiert durchgeführt. Nach Stillstand der Trennschleifscheibe öffnet sich die Haube automatisch. Auch der Klemmhebel stellt keine Gefährdung der Mitarbeiter dar: Seine Presskraft ist so voreingestellt, dass er die Bauteile auf Position hält, jedoch keine Quetschungen oder Brüche an Körperteilen verursachen kann.

Die gesamte Anlage wurde im Jahr 2011 in Betrieb genommen. Sie läuft seither im täglichen Betrieb ohne Betriebsausfall, lediglich der regelmäßige Austausch der Trennschleifscheiben sowie der üblichen Verschleißteile ist vorzunehmen. Die Entwicklung dieser Anlage zeigt, dass nicht immer eine vollständig neue Technologie entwickelt werden muss. Der Schlüssel liegt oftmals daran, bestehende Technologien zu kennen, gemäß ihren spezifischen Vor- und Nachteilen einzusetzen und konsequent weiterzuentwickeln.

Wenn auch Sie mit Produktionsequipment arbeiten, das nicht alle Ihre Anforderungen erfüllt, ist EPIC & I Ihr richtiger Partner. Zusammen mit unseren Technologieexperten entwickeln wir für jedes Prozessproblem die richtige Lösung, ob durch Modifikation oder vollständige Neuentwicklung.

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